Seit dem Ende des 1. Jahrhunderts hatte sich der römisch-germanische Limes der Germania Inferior nicht nur als Grenzfestigung und damit als effizientes militärisches Kontrollsystem und Mittel zur Wirtschaftsförderung erwiesen, sondern galt auch und vor allem als bevorzugter Ort der Kulturübernahme. Westlich des Rheins wurde der Integrationsprozess vorwiegend durch die Zwangsübersiedlungen unterworfener barbarischer Enklaven ermöglicht, die der eigenen Führungsschichten beraubt worden waren. Die rasche Blüte handschriftlicher Urkunden, die sich schon seit dem 2. Jahrhundert feststellen lässt, brachte gerade aus dem rheinländischen Gebiet außerordentliche Zeugnisse für die in den Studien über „barbarische“ Religionen sonst kaum betrachteten germanischen (und keltischen) Kulte ans Licht. Hunderte von Inschriften und bildhauerischen Darstellungen spiegeln den Aufschwung eines epigrafischen sowie ikonografischen Brauches der römischen Tradition wider, der in eine unbestimmte religiöse Sphäre seitens einer derzeit sich verändernden Gesellschaft zumindest bis zur Erlassung der bekannten Constitutio antoniana de civitate durch Caracalla (212) teilweise übernommen wurde. Eine solche Entwicklung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ideologischen Wertvorstellungen sollte sich auf die Wahrnehmung des Heiligen betrachlich auswirken, und zwar in jenem Bereich, der wegen der relativen Armut oder Zweideutigkeit der Quellen als die Sphäre der niedrigen Gottheiten bezeichnet wird. Unter solchen Gestalten bekleiden die Matronae oder Matres (auch Matrae) eine mit der Fruchtbarkeit, dem Schutz und möglicherweise auch der chtonen Welt verbundene kultische Dimension, deren sprachliche Facetten Perspektiven evozieren, die das veraltete Klischee der barbarischen Kriegswut in Frage stellen.
Multa paucis nominibus. Randbemerkungen über den Matronenkult in der rheinländischen Andachtsepigrafik
BATTAGLIA, MARCO
2013-01-01
Abstract
Seit dem Ende des 1. Jahrhunderts hatte sich der römisch-germanische Limes der Germania Inferior nicht nur als Grenzfestigung und damit als effizientes militärisches Kontrollsystem und Mittel zur Wirtschaftsförderung erwiesen, sondern galt auch und vor allem als bevorzugter Ort der Kulturübernahme. Westlich des Rheins wurde der Integrationsprozess vorwiegend durch die Zwangsübersiedlungen unterworfener barbarischer Enklaven ermöglicht, die der eigenen Führungsschichten beraubt worden waren. Die rasche Blüte handschriftlicher Urkunden, die sich schon seit dem 2. Jahrhundert feststellen lässt, brachte gerade aus dem rheinländischen Gebiet außerordentliche Zeugnisse für die in den Studien über „barbarische“ Religionen sonst kaum betrachteten germanischen (und keltischen) Kulte ans Licht. Hunderte von Inschriften und bildhauerischen Darstellungen spiegeln den Aufschwung eines epigrafischen sowie ikonografischen Brauches der römischen Tradition wider, der in eine unbestimmte religiöse Sphäre seitens einer derzeit sich verändernden Gesellschaft zumindest bis zur Erlassung der bekannten Constitutio antoniana de civitate durch Caracalla (212) teilweise übernommen wurde. Eine solche Entwicklung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ideologischen Wertvorstellungen sollte sich auf die Wahrnehmung des Heiligen betrachlich auswirken, und zwar in jenem Bereich, der wegen der relativen Armut oder Zweideutigkeit der Quellen als die Sphäre der niedrigen Gottheiten bezeichnet wird. Unter solchen Gestalten bekleiden die Matronae oder Matres (auch Matrae) eine mit der Fruchtbarkeit, dem Schutz und möglicherweise auch der chtonen Welt verbundene kultische Dimension, deren sprachliche Facetten Perspektiven evozieren, die das veraltete Klischee der barbarischen Kriegswut in Frage stellen.File | Dimensione | Formato | |
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